Was mache ich nach der Schule? Die Antwort auf diese Frage fällt den meisten Jugendlichen schwer, zählt die Entscheidung für einen Beruf doch zu den wichtigsten des Lebens. Besonders schwer ist die Beantwortung dieser Frage jedoch, wenn man aus einem anderen Land kommt, erst seit Kurzem in Deutschland lebt und die Vielzahl der Berufsausbildungen noch gar nicht kennt.
Jugendliche und junge Erwachsene aus mehr als 20 Ländern lernen in der InteA-Maßnahme an der Brühlwiesenschule Deutsch und erhalten auch in anderen Fächern Unterricht. Manche benötigen zur Ausbildungsreife ein weiteres Jahr und besuchen im Anschluss an InteA noch die BzB-Klasse, den Bildungsgang zur Berufsvorbereitung. Die Jugendlichen müssen das deutsche Ausbildungssystem, die Besonderheit der Dualen Ausbildung sowie die vielfältige Berufswelt erst kennenlernen, damit sie sich möglichst gut informiert für einen Beruf entscheiden können.
Ein Baustein im Rahmen der beruflichen Orientierung ist ein „Vorbilder-Tag“, den die Brühlwiesenschule am Mittwoch, den 20. Februar 2019 erstmalig durchgeführt hat. Azubis verschiedener Berufe, die selber erst seit einigen Jahren in Deutschland leben, kamen als „Vorbilder“ in die Brühlwiesenschule. Nach der Begrüßung durch den Schulleiter Herrn Niclaus standen zehn Azubis den fast einhundert aktuellen Schülerinnen und Schülern in kleinen Gesprächsrunden Frage und Antwort: Wie sind sie auf diesen Beruf gekommen? Wie haben sie den Ausbildungsplatz bekommen? Wie kommen sie in der Berufsschule zurecht und was sind die größten Schwierigkeiten?
In seiner Eröffnungsrede lobte der Schulleiter den Projektansatz, weil niemand die Stolpersteine auf dem Weg zu zu einem erfolgreichen Berufseinstieg besser kenne, als diejenigen, die diese vor kurzem überwunden hätten. Damit könne dieser Tag einen Beitrag dazu leisten „einen Beruf zu finden, der inhaltlich befriedigend ist und unabhängig von staatlichen Zuwendungen macht.“ Dies sei wichtig für das Selbstwertgefühl und eine erfolgreiche Integration. Die meisten Azubis hatten zuvor selbst die InteA Maßnahme besucht, heute machen sie ihre Ausbildung in ganz unterschiedlichen Bereichen. Verkäufer, Arzthelfer und Tischler waren genauso dabei wie Maler und Mechatroniker. Eine Firma war direkt durch den Geschäftsführer vertreten: die Firma Glas Henrich hat gute Erfahrungen mit ausländischen Mitarbeitern gemacht und ist jetzt auf der Suche nach geeignetem Nachwuchs für das nächste Ausbildungsjahr. Herr Henrich und sein Mitarbeiter informierten Interessenten anschaulich über den Beruf des Glasers.
Die Idee zu dem Vorbilder-Tag stammt von der Crespo Foundation, die in Frankfurt angesiedelt ist. Die Stiftung bringt in dem Projekt TELLUS Frankfurter Studierende und InteA-Klassen zusammen, da die InteA Schüler sehr unterschiedliche Lernvoraussetzungen mitbringen. An der Brühlwiesenschule sind in diesem Schuljahr sechs Studierende eingesetzt, die entweder Psychologie, Soziale Arbeit oder auf Lehramt studieren. Sie absolvieren das Pflichtpraktikum für ihr Studium an der Schule, so dass jede Seite einen Gewinn aus dieser Kooperation ziehen kann: die Studierenden erhalten eine spannende Praxiserfahrung, die Lehrkräfte werden in ihrer Arbeit unterstützt und die Schüler haben zusätzlich zum Unterricht Angebote wie Nachhilfe, AGs und Workshops. Gemeinsam mit den Lehrkräften haben die Studierenden den Vorbilder-Tag vorbereitet und durchgeführt.
Initiatorin von TELLUS ist die Crespo Foundation, die dabei eng mit dem Evangelischen Verein für Jugendsozialarbeit in Frankfurt am Main, der Frankfurt University of Applied Sciences, der Goethe-Universität Frankfurt am Main und den beteiligten Beruflichen Schulen kooperiert. Begleitet und unterstützt wird das Projekt auch von der Heraeus Bildungsstiftung, der JPMorgan Chase Foundation und Starke Bande – Stiftung für Familientherapie und –hilfe.